BERICHT über das Thema „Das Proteindefizit in der EU: Wie lässt sich das seit langem bestehende Problem lösen?“

4.2.2011 - (2010/2111(INI))

Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
Berichterstatter Martin Häusling

Verfahren : 2010/2111(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0026/2011

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu dem Proteindefizit in der EU: Wie lässt sich das seit langem bestehende Problem lösen?

(2010/2111(INI))

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 18. November 2010 mit dem Titel „Die GAP im Hinblick auf 2020: Nahrungsmittel, natürliche Ressourcen und ländliche Gebiete - die künftigen Herausforderungen“ (KOM(2010)0672),

   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 16. Juli 2010 mit dem Titel „Zweiter Fahrplan für die TSE-Bekämpfung. Ein Strategiepapier zum Thema transmissible spongiforme Enzephalopathien (2010–2015)“ (KOM(2010)0384),

–   in Kenntnis des Beschlusses 93/355/EWG[1] des Rates vom 8. Juni 1993 über die Billigung des Erläuternden Vermerks zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über bestimmte Ölsaaten im Rahmen des GATT, mit dem das Blair-House-Abkommen über die Festsetzung einer Obergrenze für den Ölsaaten- und Eiweißpflanzenanbau in der Europäischen Union und über Sonderzölle für diese Kulturen angenommen wurde,

–   in Kenntnis des im November 2009 von LMC International der Kommission vorgelegten Berichts mit dem Titel „Evaluation of Measures applied under the Common Agricultural Policy to the protein crop sector“ (Bewertung der Maßnahmen in der Gemeinsamen Agrarpolitik für den Sektor der Eiweißpflanzen (http://ec.europa.eu/agriculture/eval/reports/protein_crops/index_en.htm)),

–   in Kenntnis der Verordnungen (EWG) Nr. 1431/82[2] des Rates und (EG) Nr. 1251/1999[3] des Rates, in denen besondere Maßnahmen im Eiweißpflanzensektor festgelegt und die garantierte Höchstfläche eingeführt wurden[4], der Verordnung (EG) Nr.1782/2003[5] des Rates und der Artikel 76 bis 78 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009[6] des Rates, in denen die anteilmäßige Verringerung der spezifischen Beihilfen für Eiweißpflanzen geregelt ist, und der Verordnung (EG) Nr. 1121/2009[7] der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zur Prämie für Eiweißpflanzen,

–   in Kenntnis der Verordnung (EG) Nr. 767/2009[8] über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln,

–   in Kenntnis des Artikels 68 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, der es den Mitgliedstaaten gestattet, Stützung für Eiweißpflanzen auf ihrem Hoheitsgebiet zu gewähren, und der speziell von Frankreich, Spanien, Polen und Finnland angewendet worden ist,

   unter Hinweis auf die von der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Kommission im Jahr 2007 erstellten Studie „Economic Impact of Unapproved GMOs on EU Feed Imports and Livestock Production“,

–   in Kenntnis der Empfehlungen zur Rolle von Forschung und lokalem Fachwissen einschließlich der Rolle proteinhaltiger Hülsenfrüchte im Bericht „International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology“ (IAASTD) über die globale Nahrungsmittelversorgung, der vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) und der Weltbank erstellt wurde,

- unter Hinweis auf die von seinem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung in Auftrag gegebenen Studien, die auf dem Workshop am 11. Oktober 2010 vorgelegt wurden,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. März 2008 zum Thema „Nachhaltige Landwirtschaft und Biogas: notwendige Überprüfung der EU-Vorschriften“[9],

–   gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und der Stellungnahme des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (A7-0026/2011),

a)  Grundlegende Informationen zum Eiweißmangel: Versorgung, Nachfrage und internationaler Handel

A.  in der Erwägung, dass die gesamte Eiweißpflanzenerzeugung in der EU derzeit nur 3 % der Ackerfläche der Union beansprucht und nur 30 % der in der EU als Tierfutter verwendeten Eiweißpflanzen liefert, wobei in den vergangenen zehn Jahren eine Entwicklung hin zu einer Zunahme dieses Defizits festzustellen war,

B.  in der Erwägung, dass es in einigen Mitgliedstaaten ausgedehnte landwirtschaftliche Flächen gibt, die Jahr für Jahr unbewirtschaftet bleiben, was eine Verschwendung ihres Produktionspotenzials bedeutet,

C. in der Erwägung, dass dieses erhebliche Ausmaß der Untererzeugung von Eiweißpflanzen historisch betrachtet einerseits auf internationale Handelsabkommen insbesondere mit den USA zurückgeht, die es der EU gestatteten, ihre Getreideproduktion zu schützen, im Gegenzug jedoch die zollfreie Einfuhr von Eiweißpflanzen und Ölsaaten in die EU erforderten (GATT sowie das Blair-House-Abkommen von 1992); in der Erwägung, dass dies mit erheblichen Fortschritten bei der Leistungsfähigkeit der Eiweißpflanzenerzeugung und bei der Nutzung neuer Technologien außerhalb der EU verbunden war, was einen Wettbewerbsnachteil für EU-Landwirte zur Folge hatte, für die die Erzeugung von Eiweißpflanzen wirtschaftlich nicht attraktiv war,

D. in der Erwägung, dass 70 % (42 Millionen Tonnen 2009) der verbrauchten pflanzeneiweißreichen Rohstoffe, vor allem Sojamehl, importiert werden, und zwar hauptsächlich aus Brasilien, Argentinien und den USA und ungefähr 60 % dieser Einfuhren (26 Millionen Tonnen) Nebenprodukte sind, die bei der Erzeugung von raffiniertem Pflanzenöl anfallen und als Mehl für Tierfutter (insbesondere als Sojamehl) Verwendung finden,

E.  in der Erwägung, dass die Mischfuttermittelbranche in der EU aufgrund der geringen erzeugten Mengen nur zwei Millionen Tonnen Eiweißpflanzen pro Jahr verarbeitet, ihren Schätzungen zufolge aber in der Lage wäre, 20 Millionen Tonnen pro Jahr zu verarbeiten,

F.  in der Erwägung, dass diese Einfuhren einer außerhalb der EU bestellten Anbaufläche von 20 Millionen Hektar bzw. mehr als 10 % der Ackerflächen der EU entsprechen, sowie in der Erwägung, dass diese Erzeugnisse nicht den gleichen Vorschriften in den Bereichen Umweltschutz, Gesundheit und GVO wie EU-Erzeugnisse unterliegen,

G. in der Erwägung, dass die Marktstabilität und die Versorgungslage der Union mittelfristig dadurch gefährdet werden können, dass inzwischen auch neue Abnehmer – insbesondere China – an die Lieferanten aus Südamerika herantreten, die im Vergleich zur Europäischen Union geringere Anforderungen an die Erzeugungsbedingungen stellen und eine kaum nachvollziehbare Versorgungsstrategie verfolgen,

H. in der Erwägung, dass der gesamte Viehsektor der EU gegenüber Preisschwankungen und Handelsverzerrungen anfällig geworden und auf die Einfuhr erschwinglicher und hochwertiger Eiweißpflanzen angewiesen ist und dass seine Wettbewerbsfähigkeit durch die zusätzlichen Kosten von eingeführten Eiweißpflanzen für Futtermittel gefährdet wird, die aufgrund des Fehlens technischer Lösungen im Rahmen der Politik der Nulltoleranz gegenüber Spuren nicht zugelassener GVO in Pflanzen entstehen,

I.   in der Erwägung, dass ein Rückgang der Soja- und Maiseinfuhren den Viehzuchtsektor und den Futtermittelsektor der EU mit zusätzlichen Kosten belastet und die Wirtschaftlichkeit der einheimischen Fleischerzeugung gefährdet,

J.   in der Erwägung, dass als Folge des geringen Anteils der in der EU erzeugten Futterhülsenfrüchte (Luzerne, Klee, Esparsette usw.) und Körnerhülsenfrüchte (Erbsen, Soja, Lupinen, Ackerbohnen, Wicken usw.) die Anzahl der Forschungsprogramme im Bereich Eiweißpflanzen in der EU von 50 im Jahr 1980 auf 15 im Jahr 2010 gesunken ist und dass der Ausbildungsstand und der Erwerb praktischer Erfahrungen mit der einheimischen Eiweißpflanzenerzeugung vernachlässigt worden sind, weshalb nur wenig Innovationen entwickelt wurden und sich die regional angepasste Ölsaatenerzeugung in der EU auf einem niedrigen Stand befindet,

K. in der Erwägung, dass die EU stark auf Sojabohnen- und Maiseinfuhren aus Drittländern angewiesen ist und eine Unterbrechung der Versorgung mit diesen Erzeugnissen, die bereits bei Nachweis geringster Spuren nicht zugelassener GVO eintritt, für die europäische Futtermittelbranche mit sehr hohen Kosten verbunden ist,

L.  in der Erwägung, dass in der Forschungspolitik nur dann Aussicht auf Erfolg besteht, wenn es mittel- und langfristig entsprechende Zusagen gibt, was gegenwärtig in Bezug auf Eiweißpflanzen nicht der Fall ist,

M. in der Erwägung, dass das Wissen der Landwirte um nachhaltige Praktiken, bei denen Pflanzenbau und Viehzucht durch eine ausgewogene Fruchtfolge und eine angemessene Nutzung des Grünlands in enger Beziehung zueinander stehen, verloren gehen kann, und in der Erwägung, dass die einheimische Eiweißpflanzenerzeugung außerdem nicht die für die einzelnen Viehzuchtsektoren erforderliche Mischfutterqualität bietet,

N. in der Erwägung, dass die Einnahmen aus der Erzeugung von Eiweißpflanzen kurzfristig – insbesondere durch eine besondere Unterstützung im Rahmen der GAP – verbessert werden müssen, damit Eiweißpflanzen dauerhaft in die Fruchtfolgesysteme integriert werden,

b)  Grundlegende Feststellungen zu den Vorteilen einer Verringerung des Eiweißmangels

O. in der Erwägung, dass in der EU die Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen der Versorgung mit Getreide, Eiweißpflanzen und Ölsaaten und deren Verbrauch für die Landwirte und die Lebensmittel- und Futtermittelindustrie mit erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen verbunden sein und auch die Vielfalt an gesunden und hochwertigen Lebensmitteln für die Verbraucher verbessern könnte, wenn den in der Mitteilung der Kommission hervorgehobenen neuen Herausforderungen im politischen Rahmenwerk für die bevorstehende Reform der GAP voll Rechnung getragen würde,

P.  in der Erwägung, dass alle Möglichkeiten der Vermarktung genutzt werden sollten, um die Verwendung von Getreide, Eiweißpflanzen und Ölsaaten für die menschliche Ernährung zu fördern, wobei durch einen verbesserten Schutz dieser Grundstoffe als geografisch geschützte oder traditionelle Erzeugnisse im Rahmen eines Qualitätssicherungssystems für Agrarprodukte die Erhaltung lokaler und regionaler Lebensmittel, die aus diesen Grundstoffen hergestellt werden, unterstützt werden sollte,

Q. in der Erwägung, dass im Zusammenhang mit dem Klimawandel durch die Eiweißpflanzenerzeugung zur Verringerung der Treibhausgasemissionen beigetragen werden kann, und zwar durch Stickstoffassimilation und -bindung im Boden (die bis zu 100 kg N/ha pro Monat beträgt) und den sich daraus ergebenden geringeren Einsatz von synthetischem Stickstoffdünger, dessen klimaschädliches Potenzial in Form von Distickstoffmonoxid 310 Mal höher als das von Kohlendioxid ist,

R.  in der Erwägung, dass im Rahmen des EU-Vorhabens „GL-pro“ nachgewiesen wurde, dass eine erhebliche Verringerung der CO2-Emissionen um 10–15 % bewirkt und weniger Ozon erzeugt würde, wenn Eiweißpflanzen im Vierjahresrhythmus in die Fruchtfolge einbezogen würden,

S.  in der Erwägung, dass ein höherer Eiweißpflanzenanteil als Teil der verstärkt genutzten Fruchtfolge bzw. des Fruchtwechsels im Hinblick auf die Bodenfruchtbarkeit zu einer ausgewogeneren Nährstoffspeicherung, geringerer Bodenversauerung, größerer Krankheitsresistenz und einer besseren Bodenstruktur (einschließlich einer höheren Energieeffizienz bei der Bodenbehandlung), einem verringerten Herbizideinsatz und größerer biologischer Vielfalt beiträgt und so auch die Bestäubung begünstigt,

T.  in der Erwägung, dass die Anzahl der verschiedenen Anbaukulturen in einer Fruchtfolge dazu beiträgt, das Krankheitsrisiko zu senken und die Ausbreitung von Ackerwildkräutern zu hemmen und folglich den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu verringern und dass ein höherer Eiweißpflanzenanteil in der Fruchtfolge dazu beitragen kann, den Energieverbrauch um 10 % zu senken,

U. in der Erwägung, dass hinsichtlich der Wasserbewirtschaftung insbesondere die Verwendung von Hülsenfrüchten für die Futtermittelproduktion wie etwa die beständige Nutzung von Klee-Gras-Mischungen oder Mischungen aus Getreide und Eiweißpflanzen und die Bodendauerbedeckung den Nährstoffabfluss, vor allem von Nitraten und Phosphaten, in das Grundwasser wesentlich verringern können,

V. in der Erwägung, dass die Vielfalt innerhalb des Produktionssystems in Bezug auf die biologische Vielfalt in der Landwirtschaft durch den verstärkten Anbau von Eiweißpflanzen, die an das Klima in Europa angepasst sind, wie Bohnen, Soja, Erbsen, Linsen, Lupine, Kichererbsen, Luzerne/Alfalfa, Klee, Phacelia spp., gewöhnlicher Hornklee und Esparsette, in hohem Maße stabilisiert und erhöht wird,

W. in der Erwägung, dass im Hinblick auf die Eiweißpflanzenerzeugung und die Ernährungssicherheit weltweit ein besseres Gleichgewicht zwischen der Erzeugung von pflanzlichem und tierischem Eiweiß hergestellt werden muss, insbesondere was die Menge an Energie, Wasser und externen Betriebsmitteln angeht, die gegenwärtig im Vergleich zur Eiweißpflanzenerzeugung für den menschlichen Verzehr für die intensive Erzeugung von tierischem Eiweiß verbraucht wird, wobei das Ernährungsgleichgewicht der Welt stets im Mittelpunkt dieser Überlegungen stehen muss,

X. in der Erwägung, dass sich mehrere politische Maßnahmen der EU auf die mangelnde Eiweißversorgung in der EU auswirken und dass die Kommission auch die Sachverhalte analysieren muss, die die Erzeugung von GVO innerhalb und außerhalb der EU, die Entwicklung im Bereich Biokraftstoffe und die Neubewertung des vollständigen Verbots tierischer Eiweiße in Tierfutter betreffen,

Y. in der Erwägung, dass die Qualität von nicht eingeführtem Mischfutter neben der Nutzung einheimischer Eiweißpflanzen auch durch die Verwendung von Nebenprodukten von Ölsaaten wie Soja und Sonnenblumen- und Rapsöl verbessert werden kann,

Z.  in der Erwägung, dass die Verwendung von Futterhülsenfrüchten oder Körnerhülsenfrüchten anstelle eingeführter Eiweiße – hauptsächlich Sojakuchen – erhebliche Änderungen der Tierhaltungsmethoden bewirken und dadurch zu einer Verbesserung der Qualität von Agrarerzeugnissen (Wechsel von Standarderzeugnissen zu zertifizierten Erzeugnissen mit Änderungen der jeweils geltenden Auflagen) und der Einnahmen der Erzeuger beitragen könnte,

AA. in der Erwägung, dass das Verbot der Verwendung von tierischem Eiweiß für Tierfutter nach der BSE-Krise eingeführt wurde, um Verunreinigungen mit Erregern transmissibler spongiformer Enzephalopathien (TSE) vorzubeugen; in der Erwägung, dass dieses Verbot aufgehoben werden sollte, wenn der wissenschaftliche Erkenntnisstand dies zulässt und ausreichende Vorsichts- und Überprüfungsmaßnahmen getroffen wurden; in der Erwägung, dass die Verwendung von aus Schlachtabfällen stammenden verarbeiteten tierischen Proteinen für die Herstellung von Futtermitteln für einmägige Tiere (Schweine und Geflügel) erwogen werden sollte, wenn diese Bedingungen erfüllt sind, allerdings nur dann, wenn diese Bestandteile von Fleisch stammen, das für den menschlichen Verzehr zugelassen wurde, und wenn das Verbot der Wiederverwendung innerhalb der Artengrenze und des Zwangskannibalismus voll und ganz umgesetzt und überwacht wird.

c)  Grundlegende Feststellungen in Beantwortung der Mitteilung der Kommission: den Boden für Empfehlungen und Anforderungen bereiten

AB. in der Erwägung, dass in der Mitteilung der Kommission vom 17. November 2010 nachdrücklich die Notwendigkeit hervorgehoben wird, die Eiweißpflanzenerzeugung innerhalb eines stärker integrierten Fruchtfolgesystems auszubauen ,

AC. in der Erwägung, dass den Erkenntnissen verschiedener Studien der FAO, der Kommission und zuständiger Behörden in den Mitgliedstaaten zufolge eine bessere Nutzung von Eiweißpflanzen in der Landwirtschaft der EU potenziell eine verlässlichere Versorgung mit Tierfutter bewirkt, wie z. B. durch die Anwendung von Umweltmaßnahmen in der Landwirtschaft,

AD. in der Erwägung, dass der Anbau von Eiweißpflanzen für die Landwirte in mehreren Bereichen von Vorteil ist: bei der Nutztierfuttererzeugung unter Verwendung von Mischkulturen wie Getreide und Bohnen, bei der Eiweißerzeugung für den menschlichen Verzehr und bei allen Formen der nachhaltigen Landwirtschaft,

AE. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten gegenwärtig eine spezifische Stützung für die Eiweißpflanzenerzeugung als Bestandteil von Programmen für den Umweltschutz in der Landwirtschaft und der „Artikel-68-Maßnahmen“ gewähren dürfen, um die Qualität der Erzeugungssysteme und der Nahrung zu verbessern,

AF. in der Erwägung, dass neben dem Anbau von Getreide und Mais zur Futtermittel- und Energieerzeugung die Anwendung erweiterter Fruchtfolgesysteme, der gemischte Pflanzenbau im landwirtschaftlichen Betrieb und die Nutzung von Klee-Gras-Mischungen, was mit großen ökologischen und agronomischen Vorteilen verbunden sein kann, gefördert werden muss, da der Anbau von Hülsenfrüchten als Teil eines Fruchtfolgesystems Krankheiten vorbeugen und der Bodenregeneration dienen sowie positive Auswirkungen auf die Bestäuberpopulationen haben und das Klima schützen kann,

AG. in der Erwägung, dass durch die Steigerung der Getreideerträge in Mitteleuropa landwirtschaftliche Nutzflächen in ganz Europa frei werden und sich dadurch die Gelegenheit bietet, dass überall in Europa weitere Flächen für den Anbau von Pflanzen, insbesondere Eiweißpflanzen, genutzt werden können,

AH. in der Erwägung, dass die jüngst aufgetretenen starken Schwankungen der Preise für landwirtschaftliche Grundstoffe die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Tierhaltungssektors mit seiner hohen Abhängigkeit von der Einfuhr von Eiweißpflanzen in Frage stellen; in der Erwägung, dass die EU einen konkreten Strategieplan für Pflanzeneiweiß benötigt, das eine große Bedeutung für die Bewältigung der neuen Herausforderungen hat, denen sich die GAP gegenübersieht (Klimawandel, verbesserte Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen); in der Erwägung, dass die Verringerung des Proteindefizits nicht ohne große Anstrengungen in Forschung und Zucht sowie Maßnahmen zur Schaffung einer angemessenen Infrastruktur für die Erzeugung, Lagerung und Verarbeitung von Eiweißpflanzen zu erreichen ist; in der Erwägung, dass auch bei der Erzeugung von Ölsaaten und Biotreibstoffen entstehende Nebenprodukte für die Herstellung von Tierfuttermitteln herangezogen werden könnten, wenn strenge Regelungen gelten, die sicherstellen, dass das Vorsorgeprinzip voll und ganz angewandt wird und keine Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier bestehen,

AI.  in der Erwägung, dass die Problematik der Nulltoleranz bei der Einfuhr von Futtermitteln weiter thematisiert werden muss und praktikable Lösungsansätze erarbeitet werden müssen,

AJ.  in der Erwägung, dass die Wege landwirtschaftlicher Erzeugnisse und gewerblicher Produkte in vielerlei Hinsicht miteinander verbunden sind und sich bestimmte Nebenprodukte der Biokraftstofferzeugung als Futtermittel eignen,

1.  fordert die Kommission auf, ihre Politik im Bereich Eiweiße auf mittel- bis langfristige Sicht zu überarbeiten und dafür zu sorgen, dass ihre Legislativvorschläge zur Reform der GAP ausreichende Maßnahmen und Instrumente vorsehen, die die Landwirte bei der Verbesserung der Fruchtfolgesysteme unterstützen, sodass der Eiweißmangel und die Preisschwankungen wesentlich verringert werden;

2.  fordert die Kommission auf, dem Parlament und dem Rat rasch einen Bericht vorzulegen über die Möglichkeiten und Optionen zur Erhöhung der einheimischen Eiweißpflanzenerzeugung in der EU durch neue politische Instrumente (wobei auch der Einsatz von Ölsaaten und ihre Nebenprodukten und der potenzielle Umfang, in dem Einfuhren ersetzt werden können, zu berücksichtigen ist) sowie über die potenziellen Auswirkungen auf die Einkommen der Landwirte, den Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels, die Folgen für die Artenvielfalt und die Bodenfruchtbarkeit und das Potenzial zur Verringerung der notwendigen externen Zufuhr von Mineraldünger und Pflanzenschutzmitteln;

3.  fordert die Kommission auf, über die Auswirkungen der Nulltoleranz-Regelung für in Europa nicht zugelassene GVO in importierten Futtermitteln zu berichten und dabei insbesondere die Einführung von Grenzwerten und deren praktikable Anwendung zu prüfen;

4.  fordert die Kommission auf, die gemeinsame Marktorganisation für Trockenfutter bis 2013 beizubehalten, damit dieser wichtige Sektor fortbesteht, der für die Erzeugung von zur Tierernährung geeigneten Eiweißen für die Viehhaltung entscheidende Bedeutung hat;

5.  fordert die Kommission auf, die Forschung über die Züchtung und Bereitstellung von Eiweißpflanzensaaten in der EU, auch über deren Beitrag zur Seuchenkontrolle, zu unterstützen und Vorschläge für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten vorzulegen über Mittel und Wege zur Verbesserung der Beratungsdienste sowie – unter dem Aspekt der Entwicklung des ländlichen Raums – über die Ausbildung der Landwirte im Umgang mit der Fruchtfolge, dem gemischten Pflanzenbau und den technischen Mitteln zur Futtermitteleigenerzeugung im landwirtschaftlichen Betrieb;

6.  fordert die Kommission auf, im Rahmen der Förderung der ländlichen Entwicklung Maßnahmen zur Erhöhung der Bestände von Tieren mit hochwertigem biologischem Material und hohem Produktionspotenzial sowie die Verbreitung vorbildlicher Methoden im Hinblick auf die Einführung optimaler Fütterungsverfahren vorzuschlagen, um eine möglichst effiziente Nutzung der als Tierfutter angebauten Eiweißpflanzen zu gewährleisten;

7.  fordert die Kommission auf, einen Rahmen für Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums vorzuschlagen, die die Einrichtung verbesserter dezentraler Anlagen für die Erzeugung von Tierfuttermitteln auf der Grundlage lokaler und regionaler Pflanzenarten, die Lagerung dieser Arten sowie die Saatgutauswahl und -entwicklung zum Gegenstand haben;

8.  fordert die Kommission auf, eine Bewertung der Auswirkungen der geltenden Einfuhrzölle und Handelsabkommen auf die einzelnen Ölsaaten und Eiweißpflanzen vorzunehmen und dem Parlament und dem Rat ein ausführliches Rechtsgutachten über den gegenwärtigen Anwendungsbereich der Blair-House-Abkommen über die Erzeugung von Eiweißpflanzen in Europa vorzulegen;

9.  fordert die Kommission auf, für eine ungehinderte Versorgung des EU-Marktes mit Soja zu sorgen, indem sie eine technische Lösung in Bezug auf die geringfügigen Spuren von GVO in Eiweißpflanzen für Nahrungs- und Futtermittel bietet, die in die EU eingeführt werden; weist darauf hin, dass eine Begrenzung der Sojaeinfuhren den Viehzucht- und Futtermittelsektor der EU mit zusätzlichen Kosten belastet und die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der einheimischen Fleischerzeugung gefährdet;

10. fordert die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Einbeziehung der Förderung der Fruchtfolge mit Eiweißpflanzen als Vorbeugemaßnahme gegen Pflanzenkrankheiten und als Beitrag zu verbesserter landwirtschaftlicher Praxis und zur Bewältigung neuer Herausforderungen wie Ernährungssicherheit, Klimaschutz, Bewirtschaftung von Ressourcen usw. in ihre Legislativvorschläge für eine reformierte GAP und darüber hinaus in Betracht zu ziehen, und zwar auch mit Blick darauf, dass die Agrarproduktion in lokalem und regionalen Rahmen für die Umwelt von größerem Nutzen ist;

11. fordert die Kommission auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, mit denen Marktbedingungen geschaffen werden, die die lokale Erzeugung gegenüber eingeführten Erzeugnissen begünstigen, und die den Bedürfnissen der Futtermittelindustrie Rechnung tragen, u. a. durch Einführung von Modellen für kurze Lieferketten für Erzeugnisse ohne GVO und die zertifizierte Produktion; stellt fest, dass dass die Agrarproduktion in lokalem und regionalen Rahmen für die Umwelt von größerem Nutzen ist;

12. fordert die Kommission auf, dem Parlament und dem Rat einen Legislativvorschlag vorzulegen, durch den die Verwendung von aus Schlachtabfällen kommenden verarbeiteten tierischen Proteinen für die Herstellung von Futtermitteln für einmägige Tiere (Schweine und Geflügel) erlaubt wird, wenn diese Bestandteile von Fleisch stammen, das für den menschlichen Verzehr zugelassen worden ist, und wenn das Verbot der Wiederverwendung innerhalb der Artengrenze und des Zwangskannibalismus voll und ganz umgesetzt und überwacht wird;

13. fordert die Kommission auf, ein Rahmenprogramm für dezentrale Agrarforschung und Forschung zur Entwicklung des ländlichen Raums einzuführen und die europaweite und internationale Zusammenarbeit zu intensivieren, auch in Bezug auf Vor-Ort-Schulungsprogramme zur Verbesserung der Zucht lokal angepasster Eiweißpflanzen, sodass daraus in den einzelnen Mitgliedstaaten ein Innovationsbereich wird;

14. fordert die Kommission auf, im Zusammenhang mit der Einfuhr gentechnisch veränderter Eiweißpflanzen einen umfassenden und kohärenten politischen Ansatz in Bezug auf die Anwendung von Agrarumweltnormen auf Lebensmittel vorzuschlagen, die in der Union abgesetzt werden;

15. fordert die Kommission auf, ein System zur Überwachung des Ursprungs der in die Europäische Union eingeführten Eiweißpflanzen einzuführen, mit dem insbesondere offen gelegt wird, ob im Ursprungsland nachhaltige landwirtschaftliche Verfahren wie Fruchtwechsel und eine nachhaltige Wasserwirtschaft und die Nutzung landwirtschaftlicher Technologien angewandt wurden; betont, dass dazu auch regelmäßige Vor-Ort-Kontrollen notwendig sind;

16. fordert die Kommission auf, es in Betracht zu ziehen, in ihren Legislativvorschlägen zur Reform der GAP die Unterstützung von Landwirten vorzusehen, die Eiweißpflanzen in Fruchtfolgesystemen anbauen, welche zur Verringerung der Treibhausgasmengen und des Eiweißpflanzendefizits der EU beitragen sowie die Bekämpfung von Krankheiten und die Bodenfruchtbarkeit verbessern;

17. fordert die Kommission auf, Maßnahmen vorzuschlagen, die Anreize zur Bewirtschaftung brachliegender Flächen vorsehen, deren Förderung erheblich zur Verringerung des Mangels an eiweißhaltigen Pflanzen in der EU beitragen könnte;

18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

  • [1]  ABl. L 147 vom 18.6.1993, S. 25.
  • [2]  ABl. L 162 vom 12.6.1982, S. 28.
  • [3]  ABl. L 160 vom 26.6.1999, S. 1.
  • [4]  Angenommene Texte, P6_TA(2009)0191.
  • [5]  ABl. L 270 vom 21.10.2003, S. 1.
  • [6]  ABl. L 30 vom 31.1.2009, S. 16.
  • [7]  ABl. L 316 vom 2.12.2009, S. 27.
  • [8]  ABl. L 229 vom 1.9.2009, S. 1.
  • [9]  Angenommene Texte, P6_TA(2008)0095.

BEGRÜNDUNG

Der Eiweißmangel in der EU

Eine kürzlich von der Europäischen Kommission veröffentlichte Studie* über den Eiweißpflanzensektor belegt eine deutliche Abnahme der Eiweißpflanzenerzeugung in der Europäischen Union in den vergangenen zehn Jahren. Bei den Haupthülsenfrüchten mit Ausnahme von Sojabohnen betrug der Rückgang 30 %, bei den Sojabohnen 12 %. Diese Entwicklung verstärkt die ohnehin bestehende besorgniserregende Abhängigkeit der Union von hauptsächlich als Tierfutter verwendeten Eiweißpflanzeneinfuhren und bringt beträchtliche Risiken insbesondere für den Viehsektor in der EU mit sich, da die Preisschwankungen auf den Weltmärkten erheblich zugenommen haben. *(Bericht von LMC International).

Die gesamte Eiweißpflanzenerzeugung der EU beansprucht derzeit nur 3 % der Ackerfläche der Union (ohne Obst- und Gemüseanbau). Trotz der öffentlichen Stützung des Sektors seit 1978 ist die Erzeugung von Hülsenfrüchten, die in den 1980er Jahren vorübergehend gestiegen war, 2008 wieder auf ungefähr eine Million Hektar gesunken. Jährlich werden über 40 Millionen Tonnen Eiweißpflanzen, hauptsächlich Sojabohnen und Maiskleberfutter, eingeführt, die 80 % des Eiweißpflanzenverbrauchs der EU entsprechen. Gemessen an der Flächennutzung, die im Ausland für die Erzeugung der für die Einfuhr in die EU bestimmten Eiweißpflanzen erforderlich ist, macht dies 10 % der Ackerfläche der EU bzw. 20 Millionen Hektar aus.

Historische Gründe für den Mangel und seine Auswirkungen

Die Defizitsituation bei der Eiweißpflanzenerzeugung geht auf in der Vergangenheit abgeschlossene internationale Handelsabkommen zurück (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT) und Blair-House-Abkommen), in denen der Europäischen Union als Gegenleistung für die Gewährung der zollfreien Einfuhr von Ölsaaten und Eiweißpflanzen in die EU der Schutz ihrer Getreideerzeugung gestattet wurde. Hingegen wurde die Eiweißpflanzenerzeugung schwerwiegenden Wettbewerbsnachteilen ausgesetzt und ging dementsprechend stark zurück. Die Landwirte und das Verarbeitungsgewerbe verloren das Interesse an der Eiweißpflanzenproduktion, was mit dem Verlust von praktischen Kenntnissen im Bereich des Ackerbaus und der Möglichkeiten höherer Wertschöpfung einherging. Von den Züchtern wurde die Entwicklung krankheitsresistenter und hochleistungsfähiger Sorten eingestellt. Die europäische Forschung auf diesem Gebiet wurde infolge der geringen Nachfrage nach Saatgut und fachlicher Unterstützung ebenfalls stark zurückgefahren. Gerade ist die EU dabei, die Stützung für Eiweißpflanzen und Trocknungseinrichtungen für Luzerne/Alfalfa und andere Futterhülsenfrüchte auslaufen zu lassen. Größte Besorgnis ruft hervor, dass in allen Teilen Europas die praktische Erfahrung mit der Eiweißpflanzenerzeugung als Teil der verstärkten Fruchtfolge verloren geht, was auch für die Auswahl, die Lagerung, die Verarbeitung und die Verwendung als Tierfutter im einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb gilt. Schließlich ist auch der Ölsaaten- und Eiweißpflanzenhandel inzwischen ganz auf die Einfuhr von Eiweißpflanzen eingestellt und zeigt wenig Interesse an der einheimischen Erzeugung.

Die Verringerung des Eiweißmangels der EU – ein wichtiger Bestandteil der GAP-Reform

Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten haben auf die Vorteile einer größeren Ausgewogenheit bei der Versorgung mit einheimischen Eiweißpflanzen und ihrem Verbrauch als Bestandteil einer integrierten Strategie hingewiesen, mit der auf neue Herausforderungen wie den Klimawandel, den Verlust der Agrarbiodiversität, die Bodenerschöpfung und die Grundwasserverschmutzung sowie die Preisschwankungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf dem Weltmarkt reagiert wird. Der verstärkte Einsatz von Eiweißpflanzen in der Fruchtfolge ist mit beträchtlichen agrarökologischen und die Eindämmung des Klimawandels betreffenden Vorteilen verbunden. Hinsichtlich des Klimawandels ist festzustellen, dass Hülsenfruchtsorten wie Ackererbsen, Puff- und Ackerbohnen, Lupinen, Linsen, Kichererbsen, aber auch Luzerne/Alfalfa und Klee den Treibhausgasausstoß durch Stickstoffassimilation und -bindung im Boden wesentlich verringern und somit den Einsatz von Stickstoffdünger um bis zu 100 kg N pro ha und Monat senken. Ein höherer Anteil von Eiweißpflanzen an der Fruchtfolge führt zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und ‑struktur, der Nährstoffspeicherung sowie der Gesundheit der nachfolgenden Feldfrucht. Beständige Klee-Gras-Mischungen für die Verwendung als Tierfutter, Mischungen aus Getreide und Eiweißpflanzen führen zu einer besseren Bodenbedeckung und verringern den Nährstoffabfluss in das Grundwasser und in Flüsse und bieten zudem bessere Bedingungen für Bienen und andere Bestäuberinsekten. Eine intensivierte Fruchtfolge verringert die Notwendigkeit von Pflanzenschutzmaßnahmen und kann zur Erhaltung der Vielfalt von wild lebenden und Kulturpflanzenarten und -sorten beitragen.

Eiweißpflanzen und erweiterte Fruchtfolge– geringere Erzeugungskosten und größerer Nutzen für die Umwelt

Die verstärkte Nutzung von Hülsenfrüchten in der Fruchtfolge verringert in erheblichem Maße die Notwendigkeit, Stickstoffdünger einzusetzen, was nicht nur zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes bei der Düngerherstellung, sondern auch zu geringeren Gesamterzeugungskosten für die Landwirte beiträgt. Angesichts tendenziell steigender Rohölpreise auf den Weltmärkten erhöhen sich auch die Kosten der landwirtschaftlichen Betriebsmittel einschließlich Kraftstoffen stetig. Eine Fruchtfolge, bei der auch Eiweißpflanzen zum Einsatz kommen, kann den Treibstoffverbrauch für die Bodenbearbeitung verringern, da der Humus- und Bodenfeuchtigkeitsgehalt besser erhalten wird und der Boden weniger stark bearbeitet werden muss. In einer kürzlich veröffentlichten Studie des Europäischen Parlaments (PE 438.591) und einer Studie der französischen Kommission für nachhaltige Entwicklung für die französische Regierung (Dez. 2009 Nr. 15) wird die Kostenersparnis beim Düngemitteleinsatz in Frankreich auf bis zu 100 Mio. EUR jährlich geschätzt. Kurz gesagt, in den erwähnten Studien wurden für die Eiweißpflanzenerzeugung im Rahmen einer erweiterten Fruchtfolge folgende Vorteile herausgearbeitet:

höhere Stickstoffbindung, Schaffung eines ausgewogenen C/N-Verhältnisses im Boden und Verbesserung des Humusgehalts, Verringerung der Pestizidbehandlung und des Einsatzes von Herbiziden als Folge des Rückgangs von Pflanzenkrankheiten und Unkrautbefall; verbesserte Bodenstruktur.

Qualität der Eiweißpflanzenerzeugung und der Mischfuttermittel

Die Wirksamkeit des Einsatzes von Eiweißpflanzen für die Tierfuttererzeugung hängt stark vom Gehalt an essenziellen Aminosäuren der verschiedenen Pflanzensorten und der Zusammensetzung der Mischfuttermittel ab. Nach derzeitiger Ansicht liefern Sojabohnen den höchsten integrierten Gehalt dieser Säuren bei einem sehr guten Nährstoffgleichgewicht vor allem für die Schweine- und Geflügelmast. Deshalb beträgt der Sojagehalt von Mischfutter heute rund 50 % und beruht für die Eiererzeugung und die Geflügelmast auf Sojabohnen. Für die Erzeugung von Schweine- und Rindfleisch liegt der Sojagehalt des Mischfutters bei 28 % bzw. 21 %.

Die Möglichkeiten des Ersatzes importierter Sojabohnen und anderer Tierfuttererzeugnisse aus nicht einheimischer Erzeugung hängen weitgehend von neuen Anreizen für die Landwirte, diese Pflanzen anzubauen, und vom Vorhandensein einer ausreichenden Infrastruktur für deren Verarbeitung zu Tierfutter ab. Die Europäische Kommission sollte deshalb alle Möglichkeiten prüfen, um das niedrige Niveau zu überwinden, das derzeit in der Forschung, bei der Auswahl und Vermarktung von Saatgut sowie beim Kenntnisstand hinsichtlich Erzeugung, Lagerung und Verwendung dieser Kulturen für die Eigenerzeugung von Futtermitteln vorherrscht.

Spezifische Stützung, Forschung, Beratungsdienste und Schulung

Um den Landwirten neue Anreize zu bieten, neben Getreide und Ölsaaten und deren Nebenprodukten auch Eiweißpflanzen anzubauen und zu nutzen, sollten in die GAP-Reform horizontale Maßnahmen aufgenommen werden, bei denen es sich nicht um die Zahlung einer spezifischen Pflanzenprämie handelt, sondern landwirtschaftliche Methoden gefördert werden, die den neuen Herausforderungen gerecht werden und gleichzeitig den Eiweißmangel in der Union beseitigen. Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 ist von einer Reihe von Mitgliedstaaten dazu genutzt worden, als Beitrag zu agrarökologisch günstigen Methoden eine spezifische Stützung der Erzeugung von Eiweißpflanzen zu gewähren. Diese Möglichkeit sollte zur EU-weiten Praxis werden, damit sie für die neuen Herausforderungen gewappnet ist. Die Kommission sollte eine Zusatzzahlung für die obligatorische Fruchtfolge mit mindestens vier verschiedenen Kulturen, darunter mindestens einer Eiweißpflanze, sowie höhere Beihilfen für nicht bestellbare Dauergrünlandflächen einschließlich spezifischer Gras-Hülsenfrucht-Futtermischungen in Erwägung ziehen. Durch diese Maßnahmen würden nicht nur die Treibhausgasemissionen verringert, sondern auch ein Beitrag zu einem höheren Niveau der Pflanzen- und Tiergesundheit geleistet. Die Kommission sollte als Teil von Programmen zur Entwicklung des ländlichen Raums auch eine spezifische Unterstützung von Investitionen in Betracht ziehen, die auf regionaler, lokaler oder betrieblicher Ebene für die Einrichtung von Anlagen für die Lagerung und Reinigung von Eiweißpflanzen sowie deren Verarbeitung im landwirtschaftlichen Betrieb getätigt werden. Wichtig ist zudem, dass eine Studie zu den derzeitigen Defiziten in Forschung und Saatgutherstellung durchgeführt wird, in der der Bedarf an verbesserten Beratungsdiensten aufgezeigt wird, und einen dezentralen Ansatz für Forschungsprogramme zu erwägen, der den lokalen Kenntnissen der Landwirte und nachhaltigen Landbausystemen Rechnung trägt. Die Kommission könnte auch in Betracht ziehen, in der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung wieder ein Referat Agrarforschung einzurichten.

Auf dem Weg zu einem besseren Gleichgewicht bei der Erzeugung von tierischem und pflanzlichem Eiweiß

Ein sehr hoher Anteil der Eiweißpflanzen wird derzeit für Tierfuttermittel erzeugt, während der menschliche Verbrauch von Körnerleguminosen in der EU stetig zurückgegangen ist. In Anbetracht der Verpflichtungen der EU, aktiv zur globalen Lebensmittelsicherheit beizutragen und sich aktiv am Kampf gegen den Klimawandel zu beteiligen, sollte die künftige Politik im Bereich Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums nicht nur auf eine ausgewogenere Erzeugung von tierischem und pflanzlichem Eiweiß hinarbeiten, um die Treibhausgase und den Nährstoffabfluss in Wasserläufe zu reduzieren, sondern sie sollte auch die Verbraucher, für das öffentliche Auftragswesen zuständige Stellen und das Gaststättengewerbe motivieren, sich für eine ausgewogenere, umweltfreundliche und vielseitige Speisenauswahl zu entscheiden.

Gleichzeitig sollte die Kommission Gesetzgebungsinitiativen ergreifen, um die über die gesamte Nahrungskette hinweg anfallenden Lebensmittelabfälle, darunter Schlachtabfälle und Spültrank, zu verringern, deren Verwendung oder Entsorgung noch immer nicht in geeigneter Weise geregelt ist. Die Kommission sollte auf diesem Gebiet entschlossen das Vorsorgeprinzip anwenden, aber auch Gesetzgebungsinitiativen mit dem Ziel ergreifen, die Menge der Lebensmittelabfälle zu verringern und angesichts der neuen Herausforderungen das Gesamtgleichgewicht zwischen Tier- und Pflanzenproduktion zu verbessern.

STELLUNGNAHME des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (2.2.2011)

für den Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung

zum Proteindefizit in der EU: Wie lässt sich das seit langem bestehende Problem lösen?
(2010/2111(INI))

Verfasser der Stellungnahme: Csaba Sándor Tabajdi

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit ersucht den federführenden Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

A. in der Erwägung, dass eine Erhöhung des Anteils pflanzlicher Eiweiße bei der Ernährung und die entsprechende Verringerung des Fleischverbrauchs sowohl der Umwelt als auch der menschlichen Gesundheit zugute kommt,

1.  betont, wie wichtig es im Zusammenhang mit dem Klimawandel, der Bodenfruchtbarkeit, dem Wasserschutz und der biologischen Vielfalt ist, dass die Erzeugung von Eiweißpflanzen in der EU erhöht wird; betont, dass die Kommission daher neue Anreize für die Erzeugung und Lagerung von Eiweißpflanzen einführen sollte; weist jedoch darauf hin, dass in Anbetracht der unterschiedlichen Marktpreise für Getreide und Eiweißpflanzen, des starken internationalen Preiswettbewerbs und des komparativen Vorteils von Erzeugern in Drittländern, der auf die klimatischen Bedingungen, größere landwirtschaftliche Betriebe, weniger strenge Umweltvorschriften, geringe Personalkosten und niedrige Grundstückspreise zurückzuführen ist, die Strategie der EU im Bereich der Handelspolitik überarbeitet werden muss und eine gezielte Förderung der Erzeugung von Eiweißpflanzen unbedingt erforderlich ist;

2.  erinnert an die schlimmen Folgen der vergangenen BSE-Seuchen, die zu einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit und zu weitreichenden Verboten der Ausfuhr auf den Binnenmarkt der EU geführt haben, die Außenhandelstätigkeiten der Mitgliedstaaten behindert und den Tierhaltungssektor in der EU schwer geschädigt haben; ist der Ansicht, dass verarbeitete tierische Eiweiße eine wertvolle Eiweißquelle und Teil der Lösung zur Deckung des Proteindefizits in der EU sind; nimmt die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „Zweiter Fahrplan für die TSE-Bekämpfung (KOM(2010)0384) zur Kenntnis, die zum Ziel hat, das Verbot der Verwendung von verarbeiteten tierischen Eiweißen von Nichtwiederkäuern in Futtermitteln für Nichtwiederkäuer zu lockern; betont, dass eine Lockerung des Futtermittelverbots erst dann in Betracht gezogen werden kann, wenn aufgrund von gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Testmethoden die Übertragung von Seuchen ausgeschlossen werden kann und das Verbot der Wiederverwendung innerhalb der Artengrenze durchgesetzt werden kann;

3.  betont, dass übermäßige Einfuhren von Eiweißpflanzen den europäischen Tierhaltungssektor anfällig gemacht haben, zu den großen Preisschwankungen beigetragen haben und damit die Rentabilität insbesondere von kleinen und mittleren Tierhaltungsbetrieben niedrig gehalten und zugleich zu nicht nachhaltigen landwirtschaftlichen Produktionsverfahren in Drittländern geführt haben;

4.  fordert die Kommission auf, im Hinblick auf die Einfuhr genetisch veränderter Eiweißpflanzen einen umfassenden und kohärenten politischen Ansatz für die Anwendung von Agrarumweltnormen auf Lebensmittel vorzuschlagen, die in der Union in Verkehr gebracht werden;

5.  fordert die Kommission auf, ein System zur Überwachung des Ursprungs der in die EU eingeführten Eiweißpflanzen einzuführen, dessen Schwerpunkt insbesondere auf der Nachhaltigkeit der im Ursprungsland angewandten landwirtschaftlichen Produktionsverfahren, einschließlich der Änderung der Flächennutzung, der Nachhaltigkeit des Wasserverbrauchs und der Nutzung von Agrartechnologien, liegt; betont, dass dazu auch regelmäßige Vor-Ort-Kontrollen notwendig sind;

6.  weist darauf hin, dass mangelnde Soja- und Maiseinfuhren den Tierhaltungs- und den Futtermittelsektor in der EU mit zusätzlichen Kosten belasten und die wirtschaftliche Existenzfähigkeit der innergemeinschaftlichen Fleischerzeugung gefährden;

7.  betont, dass es notwendig ist, die Erzeugung von Eiweißpflanzen in verbesserte Fruchtfolgesysteme einzubeziehen, den Anbau von Mischkulturen für die Erzeugung von betriebseigenen Futtermitteln zu fördern, und Landwirten, die nachhaltige oder biologische landwirtschaftliche Produktionsverfahren anwenden, eine angemessene finanzielle Unterstützung zu gewähren; fordert die Kommission auf, derartige Maßnahmen und finanzielle Anreize in den Legislativvorschlag über die Zukunft der GAP aufzunehmen;

8.  betont, dass die Aufbereitung von Schlachtabfällen, Speiseabfällen sowie Fleisch- und Knochenmehl den geltenden, strengen Vorschriften zum Schutz der menschlichen und tierischen Gesundheit und der Umwelt entsprechen muss; ist der Ansicht, dass verarbeitete tierische Eiweiße eine wertvolle Protein- und Energiequelle sind und daher effektiv genutzt werden müssen.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

25.1.2011

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

39

0

11

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

János Áder, Elena Oana Antonescu, Kriton Arsenis, Pilar Ayuso, Paolo Bartolozzi, Sandrine Bélier, Sergio Berlato, Martin Callanan, Nessa Childers, Chris Davies, Bairbre de Brún, Anne Delvaux, Bas Eickhout, Edite Estrela, Jill Evans, Elisabetta Gardini, Gerben-Jan Gerbrandy, Julie Girling, Nick Griffin, Françoise Grossetête, Satu Hassi, Jolanta Emilia Hibner, Dan Jørgensen, Karin Kadenbach, Christa Klaß, Jo Leinen, Corinne Lepage, Linda McAvan, Radvilė Morkūnaitė-Mikulėnienė, Vladko Todorov Panayotov, Andres Perello Rodriguez, Sirpa Pietikäinen, Mario Pirillo, Pavel Poc, Vittorio Prodi, Anna Rosbach, Oreste Rossi, Dagmar Roth-Behrendt, Horst Schnellhardt, Theodoros Skylakakis, Catherine Soullie, Csaba Sándor Tabajdi, Sabine Wils, Marina Yannakoudakis

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Philippe Juvin, Jiří Maštálka, Bill Newton Dunn, Alojz Peterle, Csaba Sándor Tabajdi, Marita Ulvskog

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

Ioan Enciu

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

26.1.2011

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

34

2

4

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

John Stuart Agnew, Richard Ashworth, José Bové, Luis Manuel Capoulas Santos, Vasilica Viorica Dăncilă, Michel Dantin, Paolo De Castro, Albert Deß, Diane Dodds, Herbert Dorfmann, Hynek Fajmon, Lorenzo Fontana, Iratxe García Pérez, Béla Glattfelder, Sergio Gutiérrez Prieto, Martin Häusling, Esther Herranz García, Peter Jahr, Elisabeth Jeggle, Jarosław Kalinowski, Elisabeth Köstinger, Agnès Le Brun, Stéphane Le Foll, George Lyon, Gabriel Mato Adrover, Mairead McGuinness, Krisztina Morvai, Mariya Nedelcheva, James Nicholson, Rareş-Lucian Niculescu, Georgios Papastamkos, Marit Paulsen, Britta Reimers, Alfreds Rubiks, Giancarlo Scottà, Sergio Paolo Francesco Silvestris, Alyn Smith, Csaba Sándor Tabajdi, Marc Tarabella

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Luís Paulo Alves, Pilar Ayuso, Salvatore Caronna, Giovanni La Via, Astrid Lulling, Milan Zver