siciliamigranti.blogspot.com ist ein italienischsprachiges Monitoringprojekt zur Situation der Flüchtlinge in Sizilien, dort finden Sie die Original-Berichte, hier finden Sie die deutschen Übersetzungen. Klicken Sie auf die auf die Namen der Schlagworte (keywords), wenn Sie bestimmte Themen suchen.

Mittwoch, 18. Dezember 2013

Worüber regen sie sich auf?

Wir verstehen nicht, worüber sich in diesen Stunden Politiker, Menschenrechtsorganisationen und sonstige Meinungsmacher so aufregen. Die Bilder, die wir über die Bedingungen im Zentrum von Lampedusa und von der Behandlung der Migranten gesehen haben scheinen von einer unbekannten Realität zu berichten, einer neuen Realität, einer besonderen Realität. Doch viele wissen, vor allem diejenigen, die sich mit dem Thema Migration beschäftigen, dass das die Normalität ist, und dass es seit Zeiten viel Schlimmeres in ganz Italien gibt.
Der Minister erklärt, wer hier was falsch gemacht hat muss dafür bezahlen. Da stehen wir ja gut da, denn die offenen Rechnungen in diesem Land sind viel zu viele und normalerweise muss derjenige, der bezahlen soll, nur andere Taten oder strategische Positionen der Regierung deckeln. Das Zentrum von Lampedusa gehört, wie alle andern dieser Zentren für Migranten auch, abgeschafft, denn sie sind wie Lager, doch stattdessen arbeiten dort viele NGOs, die wissen, was dort drinnen vor sich geht und dennoch schweigend weiter. Es ist nicht akzeptabel, dass es immer noch Zentren für Migranten gibt, genauso wenig akzeptabel ist die generelle Position, die Migranten wie Ware oder Sklaven behandelt. Die Zentren dürfen nicht weiter existieren, in keiner Art und Weise, sie müssen mit allen Mitteln abgeschafft werden.
 

youtube=http://www.youtube.com/watch?v=ANFIl5GECks
Beitrag vom Dezember 2012 von Libera Espressione
 

Es ist notwendig, die Reisen von Männern und Frauen, die  aus Arbeitsgründen oder aus touristischen Motiven in Italien mit einem Visum ankommen, zu legalisieren. Inzwischen ist es wohl bekannt, dass die meisten irregulären Migranten diejenigen sind, deren Arbeits- oder Touristen-Visum abgelaufen ist. Doch niemand reist in das Heimatland zurück und niemand verlängert ihre Visa zur Arbeitssuche oder aus anderen Gründen. Somit finden sich Tausende ohne Papiere wieder, und wir können uns vorstellen, zu welchen Konsequenzen das führt.
 

Wenn bitten wir, hierfür die Rechnung zu begleichen?
 

Die Menschen, die auf Lampedusa ankommen würden das nicht mehr tun, wenn sie schon  - wo  möglich – Asylanträge in ihren Heimatländern oder den Transitländern stellen könnten. 
Die Menschen, die hier ankommen, fliehen vor Kriegen, in die Europa und die NATO oftmals verwickelt sind. Diese Menschen müssten direkt mit Schiffen und anderen Verkehrsmitteln aus Libyen geholt und nach Europa gebracht werden. So hätten die kriminellen Organisationen, über die man immer redet, keine menschliche Ware mehr, mit der sie handeln könnten. Doch wie man nach dem kriminellen Krieg der NATO gegen Libyen und der totalen Destabilisierung des Landes weiß, unterschreibt Italien Rückführungs- und Kontrollabkommen mit libyschen Phantomregierungen, statt neue Asylsysteme zu aktivieren. Wer muss das bezahlen? Wer bezahlt die Waffen, die wir um die ganze Welt schicken? Dafür gibt es schon jemanden, der zahlt, und das ganz „parfümiert“ (Anspielung auf Profumo („Parfum“)-ehemaliger Chef der Unicredit-Bank, die viele Geschäfte mit Libyens ehemaligem Staatschef Gaddafi machte. Deswegen musste Profumo 2010 zurücktreten. Anmerkung der Übersetzerin).
 

youtube=http://www.youtube.com/watch?v=JFu0h8CYfUM
Beitrag vom Juli 2013 von Libera Espressione.

Diese Menschen kommen hier an, nachdem sie sehr viel Geld ausgegeben haben, sie müssen weiteres Geld in der Tasche haben, um durch die Zeit der Asylantragstrellung zu kommen, die beschleunigt werden müssten. Erfahrungen wie die in Riace und in den andern Kommunen der Locride (Kalabrien), die eine dezentrale Aufnahme in Häusern praktizieren und Programme zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt auflegen, was nicht einfach ist, aber gute Resultate bringt, müssen erweitert und ausgebaut werden.
Wollen wir über die Überlebenden des 3. Oktober sprechen? Ca. 30 junge Eritreer sind für viele Wochen auf Lampedusa verblieben, um dann vor dem Cara von Mineo ausgesetzt zu werden, ohne Papiere, völlig allein gelassen. Doch davon existieren keine Schock-Bilder, wer weiß, wer dafür bezahlen muss, für diese Schiffbrüchigen des Oktober? Wer bezahlt...vielleicht einige tunesische Schlepper.

Zwei Videos von Libera Espressione der die Schiffbrüchigen im Oktober:
youtube=http://www.youtube.com/watch?v=gTe_JFgGsko
youtube=http://www.youtube.com/watch?v=-yrJYYxNxhs

Wir fallen nicht in den Chor des Erstaunens ein, folgen nicht der Jagd auf den Schuldigen, denn der Schuldige ist seit langem bekannt: die Regierungen, die Mächtigen dieser Welt. Wir schließen uns auch nicht den Forderungen nach hypothetischen Reformen an, denn wir wissen, ist dieser kleine Sturm, einer von vielen, erst vorbei, wird alles wieder so sein wie zuvor, schlimmer als zuvor.
Wir bitten alle, die keine Lager im dem Land wollen, in dem sie leben, mit konkreten Aktionen dagegen vorzugehen und die anzuzeigen, die diese betreiben. Es gibt keine guten Betreiber in Zentren für Migranten, die kann es nicht geben, denn der Mensch wird immer zur Wahre reduziert werden.
Kollektiv Askavusa

Aus dem Italienischen von Judith Gleitze