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"Tatort"-Quiz in der ARD Tri-tra-Trullala, die Polizeikasper sind da!

Krimi-Folklore in der ARD: Acht "Tatort"-Kommissare traten bei Jörg Pilawa zum großen Quiz über den TV-Klassiker an. Doch was ein Wissenstest zum größten medialen Schatz der Bundesrepublik hätte werden können, verkam zur albernen Werbung in eigener Sache.

Zur Eröffnung rollte ein Mannschaftswagen der Polizei auf die Studiobühne, heraus purzelten acht "Tatort"-Ermittler. Von amtlicher Seriosität keine Spur. Vielmehr wirkten die Kommissar-Darsteller, die in ihren Ermittlerrollen ja stets eine gewisse abgeklärte Reife ausstrahlen, im Laufe der Sendung immer mehr wie ein Haufen hypernervöser Schulkinder.

Quizmaster Jörg Pilawa hatte jedenfalls alle Mühe, den renitenten Haufen zusammen zu halten. Eigentlich war man zusammengekommen, um den Krimi-Klassiker mit einem Wissenstest zu ehren. Doch immer wieder wurden die Regeln in Frage gestellt, man quasselte dazwischen und unterwanderte die Autorität des selbst ernannten "Tatort"-Kenners Pilawas.

Die Rollenverteilung folgte ebenfalls der in einer Schulklasse: Simone Thomalla zum Beispiel, die im Leipziger Fernsehrevier ja die abgebrühte Superpolitesse gibt, spielte das aufgeschreckte Hühnchen. Bei einem Spielchen verwechselte sie gar ARD-Plaudertäschchen Pilawa glucksend und gackernd mit seinem ZDF-Gegenstück Johannes B. Kerner.

Axel Milberg, unnahbarer Einzelgänger aus dem Kieler "Tatort", gab den Streber. Gleich zu Anfang berichtete er mit dem Stolz eines Klassenbesten, wie es ihm gerade gelungen sei, Henning Mankell für zwei Drehbücher zu gewinnen. Blöde nur, dass der schwedische Star-Autor zwar Romanvorlagen für großartige TV-Mehrteiler vorgelegt hat – dass er sich aber mit seinen extra für die "Wallander"-Fernsehreihe entwickelten Skripts nur als mäßig inspirierter Drehbuchautor präsentiert hat.

Milbergs Kollegin Maria Furtwängler konnte dieser Coup jedenfalls erstmal nicht so richtig beeindrucken. Die Schauspielerin, die im Niedersachsen-"Tatort" die kühle Blonde mimt, gefiel sich in der Rolle der Vorlauten und stellte gegenüber Jörg Pilawa immer wieder forsch das Regelsystem des Quiz in Frage.

Richy Müller schließlich, in Stuttgart inzwischen durchaus überzeugend als besonders kaltschnäuziger Großstadt-Cop unterwegs, spielte den Klassenkasper. Immer wieder winkte er albern in die Kamera und zog dazu Grimassen, zwischendurch gab er sich für Witze über seinen bescheidenen Körperwuchs her.

Die kleinen Polizisten waren gestern also zu so manchem Streich aufgelegt.

Nun war es aber auch nicht gerade so, dass einen die Quiz-Fragen besonders vom Hocker gehauen hätten. Es war die Stunde der Nerds und Nummern-Freaks; etwas wirklich Relevantes mitnehmen konnte man aus der Show leider nicht.

Es sei denn, man hält es für weltbewegend zu erfahren, dass die Ermittlerinnenfigur Odenthal inzwischen auf mehr Dienstjahre kommt als Kollege Schimanski. Oder dass der selige Kommissar Haferkamp einst ein leidenschaftliches Verhältnis zu Buletten pflegte. Oder dass Kommissarin Lindholm in einer Folge in einem unvorteilhaften Kürbiskostüm Kinderlieder singen musste.

Kurz gesagt: Man vertrieb sich mit schaler Krimi-Folklore die Zeit. Dabei könnte ein Fernseh-Quiz zum "Tatort" für die ARD tatsächlich mehr sein, als eine kostengünstige Maßnahme, Programm mit Archivmaterial und sendergebundenen Promis zu füllen. Schließlich stellt der "Tatort" mit seinen über 700 archivierten Episoden aus bald vier Jahrzehnten so etwas wie ein mediales Gedächtnis der Bundesrepublik dar, in dem ziemlich genau und für nachgewachsene Generation einleuchtend die gesellschaftlichen Entwicklungen des Landes abgespeichert sind.

Ja, der "Tatort" ist tatsächlich so was wie ein kollektiver Schatz. Traurig, dass ihn die ARD nun als billige Werbung in eigener Sache verramscht.

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